Die Projektgruppe Schule ohne Rassismus in Lübben

Gegen den Strom
Gegen den Strom

In der Nacht zum 17. Februar 2006 wurde in das Gymnasium in Lübben eingebrochen und stinkende Säure verspritzt. Ein hinterlassenes Flugblatt forderte zum Boykott der Aufführung des Theaterstücks »Hallo Nazi!« in der Aula auf. Die Schulleitung verlegte das Stück des Staatstheaters Cottbus, das sich kritisch mit Rechtsextremismus auseinandersetzt, in die Turnhalle. Nach der Aufführung baten die SchauspielerInnen rechte SchülerInnen um Wortmeldungen – vergeblich. Einer jedoch äußerte sich später. In einem anonymen Bericht auf einer rechten Internetseite machte ein Elftklässler aus seiner Sympathie für den Anschlag keinen Hehl. Für drei Schülerinnen war der Vorfall dagegen ein Anlass, sich zu engagieren. Ihr Ziel, sich als 25. Brandenburger Schule der Kampagne »Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage« anzuschließen, scheiterte. Es gab dafür nicht ausreichend Unterstützung bei SchülerInnen und LehrerInnen.

Es gab verschiedene Ereignisse an unserer Schule, die komisch waren. Das eine war der Buttersäureanschlag gegen das Theaterstück »Hallo Nazi!«, ein Stück vom Staatstheater. Irgendwelche Nazis haben in den Räumen Buttersäure verteilt und es hat übelst gestunken, noch Monate später. In einer Klasse hatte es einen Vorfall gegeben, bei dem eine Schülerin von Rechten angemacht worden ist. Ihre Freundin hat sich für sie eingesetzt und wurde dann von Nazis verfolgt und bedroht.

Wir haben dann im Internet »Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage« gefunden. Die Grundaussage ist, dass Rassismus und keine Art von Gewalt an der Schule toleriert werden. Um mitzumachen, muss man eine Unterschriftensammlung durchführen, ob die Schüler für das Projekt sind. Man muss 70 Prozent erreichen, dann bekommt man eine Plakette, die in der Schule aufgehängt werden kann. Jedes Jahr müssen Aktionen gemacht werden. Das können Theaterstücke sein oder alles mögliche. Jede Schule kann individuell überlegen, was sie machen möchte. Aber man muss zeigen, dass man wirklich dahinter steht. Wir sind damit zum Direktor gegangen. Wir haben gedacht, dass wir ihn erst überzeugen müssten. Er hat aber gleich mitgemacht. In den siebten und achten Klassen sind wir in den Unterricht gegangen und haben eine Stunde darüber diskutiert. Für die anderen haben wir Informationsveranstaltungen in der Aula gemacht.

In der Pause saß dann immer jemand von uns in der Cafeteria mit den Listen. Am Ende hatten wir aber nur 64 Prozent. Warum? Viele hatten Angst. Sie müssen ja ihre Meinung mit der Unterschrift kund tun. Wir haben uns sogar dazu breit schlagen lassen, mit einem Zettel immer alle Unterschriften abzudecken, so dass die anonym bleiben. Ich würde auch sagen, dass viele nicht unterschrieben haben, weil sie dachten, dass das ein Projekt von den Linken sei. Als wir das mitbekommen haben, haben wir immer dazu gesagt, dass es nur um demokratische Grundrechte geht und dass wir gegen Gewalt sind, egal ob von links oder rechts.

Am meisten hat mich schockiert, dass manche Lehrer nicht unterschrieben haben. Wir hatten eigentlich mit allen Lehrern gerechnet, aber es war nur ungefähr die Hälfte. Es gab welche, die wirklich gesagt haben, dass sie nichts machen wollen. Manche dachten wohl, dass sie dann ihre Freizeit investieren müssten. Dabei haben wir als Projektgruppe klar gesagt, dass wir das alles übernehmen. Wir wollten nur Unterstützung, zum Beispiel, dass sie mal etwas im Unterricht dazu anbieten.

Es wäre schön gewesen, sagen zu können: Wir sind eine »Schule ohne Rassismus«. Naja, 64 Prozent ist auch nicht so wenig. Ich könnte mir vorstellen, dass wir es nächstes Jahr schaffen. Aber egal, ob es klappt oder nicht, wir machen trotzdem unsere Projektgruppe. Dadurch, dass wir das überhaupt gemacht haben, sind schon viele Leute offen für dieses Projekt geworden.

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