Prozessbericht: Angriff in Straßenbahn


Am Abend des 18. Juni 2005 stiegen Markus S. und sein Freund René S. in die Straßenbahn der Linie 94 ein. Was sie nicht wussten: in derselben Straßenbahn war ein Gruppe von 25 bis 30 Rechtsextremisten, die auf Jagd
nach Linken und Migranten durch die Stadt zog, – am selben Abend fand ein antirassistisches Stadionfest statt. Markus’ T-Shirt, auf dem Pittiplatsch abgebildet war und das die Aufschrift »Mein Freund ist Ausländer« trug, erregte sofort die Aggressivität der Rechten. Ein
Mädchen aus der Gruppe trat Markus im Vorbeigehen. Dann stürzte sich der vermummte Anführer der Rechten auf Markus, zerriss dessen T-Shirt und schlug ihm wuchtig ins Gesicht. Weitere Personen aus der Gruppe beteiligten sich schlagkräftig an dem Angriff, auch René wurde getreten.
Die einseitige Schlägerei fand erst ein Ende, als eines der Opfer es schaffte, die Notbremse zu ziehen. Daraufhin flohen die Angreifer auf Kommando unerkannt aus der Bahn. René verlor einen Zahn, beide Opfer trugen zahlreiche Blessuren und eine Gehirnerschütterung davon. Die
Polizei ermittelte elf Tatverdächtige.

Am Mittwoch beginnt der erste einer Reihe von Prozessen zu diesem Tatkomplex. Angeklagt sind Personen aus dem harten Kern der rechtsextremistischen Szene Potsdams und Berlins, aus dem Umfeld der verbotenen »Kameradschaft Tor«: der 23-jährige Oliver Oe., der zurzeit eine viereinhalbjährige Haftstrafe wegen eines anderen Angriffs auf zwei Linke verbüßt; er war dabei, als zwei Wochen später Tamasz B. und seinem Freund mit einer Bierflasche der Hals aufgeschlitzt wurde. Neben ihm ist
der 30-jährige Volker Sch. angeklagt, heute ein Aussteiger. Das Verfahren gegen Oliver K. (23), der ebenfalls bei dem Überfallkommando auf Tamasz B. dabei war, ist abgetrennt und wird am Landgericht stattfinden. Der Prozess gegen die damals heranwachsenden Täter wird folgen.

In der Gruppe der Rechten befanden sich stadtbekannte Rechtsextremisten wie Melanie W. (21), Jens K. (31), Marcus Sch. (33), Danny L. (27) und auch Benjamin Oe. (18), der eine Stunde später in eine Auseinandersetzung mit Linken verwickelt war. Diese Auseinandersetzung
vor dem Café Haider, bei der Oe. leicht verletzt wurde, führte zu einer Repressionswelle gegen Linke, von denen zurzeit vier vor dem Landgericht angeklagt sind.

Beim Prozess ist mit einer massiven Präsenz von Rechtsextremisten zu rechnen. Eine solidarische Unterstützung der Geschädigten ist daher umso dringender.

Prozessbericht:

H. Kramer: Wortlose Schläge

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