Nicht bloß eine Rangelei unter Jugendlichen. Vor zehn Jahren wurde Falko Lüdtke das zweite Todesopfer rechter Gewalt in Eberswalde

Falko Lüdtke
Falko Lüdtke

Zehn Jahre nach dem Tod von Amadeu Antonio kam es in Eberswalde zu einem weiteren Opfer rechter Gewalt. Im Gedächtnis der Stadt allerdings spielt Falko Lüdtke off enbar keine besondere Rolle. Keine Gedenktafel, keine Stiftung, keine Initiative erinnert an ihn. Das mag daran liegen, dass Falko Lüdtke ein Punk war, ein Linker mit Rastalocken, der sich off ensiv mit dem Thema Neonazis auseinandergesetzt hat. Vielleicht aber sehnten sich nach dem Medienrummel um den Tod von Amadeu Antonio viele auch einfach nach Ruhe und Normalität. Sie wollten das »böse Image« loswerden.

Das handtellergroße Hakenkreuz am Hinterkopf

Falko Lüdtke ist infolge einer Auseinandersetzung mit einem Rechten gestorben. Es war am 31. Mai 2000. An einer Bushaltestelle triff t der 22-Jährige auf Mike B. Dieser trägt auf dem Hinterkopf eine etwa acht Zentimeter große Hakenkreuztätowierung. Lüdtke stellt B. deshalb zur Rede. Beide steigen in einen Bus ein, wo sie die verbale Auseinandersetzung über die Gesinnung von B. fortführen. An der Haltestelle Spechthausener Straße verlassen beide den Bus. B. fordert Lüdtke auf, auf dem Hinterhof eines Hauses mit ihm ein Bier zu trinken. Als dieser ablehnt, wird B. handgreifl ich. Er beginnt, ihn zu schubsen und zu schlagen. Es entsteht eine Schlägerei zwischen den beiden. Schließlich versetzt B. Lüdtke einen Schlag auf den Brustkorb. Falko Lüdtke fällt in Richtung Straße und wird von einem vorbeifahrenden Taxi erfasst. Er wird hochgeschleudert und bleibt auf der Straße liegen. Zwei Stunden später stirbt Falko Lüdtke an einem Lungenriss.

Im Dezember 2000 verurteilte das Landgericht Frankfurt (Oder) Mike B. zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten, unter anderem wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Das Gericht stellte fest, dass das Opfer den Täter nicht provoziert, sondern dass es sich bei Falko Lüdtkes Verhalten um einen Akt der Zivilcourage gehandelt habe. Schließlich seien die Vorbehalte Lüdtkes berechtigt gewesen, da B. seine Hakenkreuztätowierung offen trug und der rechten Szene zuzuordnen war.

In der Revisionsverhandlung wertete der Bundesgerichtshof die Tat jedoch nur noch als fahrlässige Tötung, da B. den Tod Lüdtkes ohne jeglichen Vorsatz herbeigeführt habe. Das Landgericht Cottbus verringerte das Strafmaß daraufhin auf ein Jahr und acht Monate Haft ohne Bewährung. Die rechte Gesinnung von B. sei zwar die Ursache der Tat gewesen, strafverschärfend solle das aber nicht gewertet werden, so die Richter.

Jedes Jahr versammeln sich Freundinnen und Freunde, Punker und Linke im Gedenken an Falko Lüdtke an der Bushaltestelle Spechthausener Straße. In der offiziellen Statistik der Bundesregierung über die Opfer rechter Gewalt taucht Falko Lüdtke bis heute nicht auf.

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