Gedenkstein für Farid Guendoul ist kein Ort für Videoüberwachung

Gedenken an Farid Guendoul in Guben
Gedenken an Farid Guendoul in Guben

Der Gedenkstein wurde von der Antifa Guben im Juli 1999 gegen einigen Widerstand in der Stadt errichtet. Rechtsextreme haben ihn wieder und wieder geschändet. Angefangen am 19. Juli 1999, als der Stein mit Hakenkreuzen und SS-Runen beschmiert wurde. Bis hin zum 27. Juli 2000, als ein Hakenkreuz in die Gedenktafel eingeritzt wurde. Jeder dieser Anschläge ist erschreckend und empörend. Ebenso die Ablehnung des Steins durch Gubener BürgerInnen, die vorgeben, ihre »Ruhe« haben zu wollen.

Jeder dieser Anschläge macht aber auch eine Situation sichtbar, die sonst weitgehend verborgen bleibt: Es gibt in Guben – wie in anderen Städten auch – Rechtsextreme, die Flüchtlinge, MigrantInnen, Linke und nicht-rechte Jugendliche bedrohen und die in einem erheblichen Teil der Bevölkerung auf Sympathien treffen. Durch die Diskussionen in der Stadt und durch die Positionierung antifaschistischer, demokratischer Menschen und Gruppierungen aus Guben ist der Gedenkstein zu einem Ort der öffentlichen Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsextremismus geworden. Diese Auseinandersetzung muß geführt werden.

Zum Vorschlag, den Gedenkstein per Video zu überwachen, halten wir fest: Eine gesetzliche Regelung zur Videoüberwachung öffentlicher Plätze gibt es nicht. Jede Spekulation über mögliche Einsatzorte von Kameras ist momentan haltlos. Wenn nun Innenminister Schönbohm den Gedenkstein für Farid Guendoul zur Videoüberwachung empfiehlt, ist das ein fadenscheiniges Argument. Mit dem Verweis auf ein massives gesellschaftliches – und derzeit sehr medienpräsentes – Problem soll für autoritäre, undemokratische Maßnahmen geworben werden, die individuelle Entfaltungsmöglichkeiten beeinträchtigen.

Wer wird schon widersprechen, wenn Videoüberwachung gegen Rechtsextreme eingesetzt werden soll? Doch es ist sehr fraglich, ob eine Kamera, wäre sie schon vor einem Jahr am Gedenkstein aufgestellt worden, die Angriffe verhindert hätte. Vermutlich wären vermummte Rechtsextreme beim Beschmieren und Zerstören gefilmt worden. Ganz sicher aber wären hunderte Menschen durch die Überwachung erfaßt worden, die an diesem Ort gegen den staatlichen Rassismus, gegen die faschistischen Schläger und für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen demonstrierten.

Videoüberwachung ist kein Mittel zur »Kriminalitätsbekämpfung«, schon gar nicht im Kampf gegen Rechtsextremismus. Allenfalls findet eine Verlagerung von Tatorten statt. – Alle Menschen haben das Recht, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen, ohne daß ihr Verhalten durch Kameras aufgezeichnet wird. Videoüberwachung beeinträchtigt nicht nur ganz erheblich dieses Recht, sondern auch das gesellschaftliche Klima. Sie bestärkt eine Entwicklung hin zu autoritären Strukturen, zum Abbau individueller Freiheiten, zu einer undemokratischen Kontrollgesellschaft. Jede Maßnahme, die individuelle Freiheitsrechte einschränkt, ist ein Schritt in Richtung Rechtsextremismus.

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