Rechter Angriff erhält vor Gericht Bagatellcharakter

In der Anklage wurden eine Frau und ein Mann beschuldigt, im Februar 2004 in Jüterbog an einem Angriff auf zwei Asylbewerber beteiligt gewesen zu sein. Die Asylbewerber waren zunächst in der Diskothek „Fränkis Tanzbar“ beschimpft und angerempelt worden und anschließend beim Verlassen der Diskothek von mehreren Personen angegriffen worden.
Im Mai 2006 wurde die Hauptverhandlung eröffnet. Am zweiten Verhandlungstag, am 9. Juni, wurden zwei Entlastungszeugen gehört, die offensichtlich nicht die Wahrheit sagten, aber weder vom Vertreter der Staatsanwaltschaft, noch von der Richterin an ihre Wahrheitspflicht ermahnt wurden. Anschließend wurde das Verfahren gegen die einschlägig bekannte Frau gem. §154 StPO eingestellt, im Hinblick auf eine bereits rechtskräftige Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten auf Bewährung. Die Frau wurde damals wg. Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung verurteilt. Auch in jenem Fall waren die Geschädigten Asylbewerber.
Die Richterin bezog sich gem. §154 StPO mit ihrem Einstellungsbeschluss auf einen Antrag der Staatsanwaltschaft, doch der Staatsanwalt hatte kaum Kenntnis über das Verfahren, weder Aktenzeichen, noch Strafmaß waren ihm bekannt.
Die Einstellung nach §154 StPO bagatellisiert den rechtsmotivierten Angriff. Dem Rechtsanwalt des Geschädigten wurde für seine Erklärung gegen die Einstellung nur ungern Gehör geschenkt.
Das Gericht muss die Nebenklagevertretung in verfahrensrelevante Absprachen nicht einbeziehen, doch kann es dies im Interesse der Geschädigten tun.
Für Opfer rechter Gewalt hat ein Gerichtsprozess häufig eine große Bedeutung. Das Verfahren wird von den Betroffenen als Stellungnahme im Zusammenhang mit der erfahrenen, rassistischen Diskriminierung wahrgenommen. Der Umgang bei Gericht kann ein Bemühen um Gerechtigkeit vermitteln, er kann aber auch ein Schlag ins Gesicht der Opfer und all derjenigen sein, die sich gegen rechte Gewalt engagieren.

Das Verfahren wird am 23.Juni 2006 um 12:30 am Amtsgericht Luckenwalde gegen den zweiten Angeklagten fortgesetzt.

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