Potsdam: Freispruch nach Konflikt mit der Bundespolizei

Die Strafanzeige gegen den aus Kamerun stammenden Sozialwissenschaftler Christopher N. (38) ist datiert auf den 17. Juli 2004. Ein Dienststellenleiter der Bundespolizei hatte sie nach einem Einsatz von drei seiner Beamten am Potsdamer Hauptbahnhof gestellt.

Einer der Beamten, Knut B. (38), erinnerte sich in seiner Aussage vor dem Amtsgericht Potsdam daran, dass er mit zwei weiteren Beamten am Abend des 17. Juli 2004 aufgrund eines Notrufs zum Gleis 4 des Hauptbahnhofs gerufen worden sei. Dort angekommen, habe sich eine Auseinandersetzung zwischen etwa 30 BFC Anhängern und 12 Afrikanern abgespielt. Die Afrikaner hätten beim Eintreffen der Beamten begonnen, die Fußballfans zu provozieren, schilderte der Polizist. Die »Mentalität der Schwarzafrikaner« habe für einen hohen Geräuschpegel und eine aufgeheizte Stimmung gesorgt, gab Knut B. seine Wahrnehmung zu Protokoll. Christopher N. habe sich dabei als »Rädelsführer« hervorgetan und die Deutschen verbal attackiert. Zudem habe der Angeklagte versucht, sich an Knut B. vorbei zu drängen, um zu den BFC-Fans zu gelangen. Der Beamte habe einen Platzverweis ausgesprochen, dem der Angeklagte aber nicht nachgekommen sei. Weiter berichtete der Beamte, dass Christopher N. versucht habe, sich einer Personalienfeststellung zu entziehen.

Der zweite Polizeizeuge, Stefan A. (30), äußerte die Vermutung, dass der Angeklagte versucht habe, seinem Kollegen »etwas beizubringen«. Der Afrikaner habe dabei »wild gestikuliert« und vehement versucht, zu dem Pulk der Fußballanhänger vorzudringen. Die dritte Polizeizeugin, Nicole B. (31), konnte sich nur noch allgemein daran erinnern, dass geschubst und gedrängelt worden sei.

Ein ganz anderes Bild der Situation hatten zuvor der Angeklagte sowie zwei weitere Zeugen in umfangreichen Aussagen gezeichnet. Christopher N. berichtete, dass er vor dem Eintreffen der Beamten Opfer einer rassistisch motivierten Körperverletzung geworden sei: Beim Einsteigen in den Wagon eines Zuges sei ihm ein Bein gestellt worden, so dass er stolperte. Auf seine Frage hin, was das solle, habe eine Person geantwortet: »Nigger haben in Deutschland nichts zu suchen«.
Gleichzeitig skandierte, so Christopher N., eine Gruppe von im Abteil befindlichen BFC-Fans »White Power!« und zeigte den Hitlergruß. In dieser Situation habe er von einer Person aus dieser Gruppe einen Schlag gegen den Hals erhalten. Nach dem Eingreifen eines Zugbegleiters sei Christopher N. in einen anderen Wagon gegangen, den er erst verlassen habe, als drei Polizeibeamte auf dem Bahnsteig erschienen. Er erläuterte vor Gericht, dass er den Beamten die Situation habe erklären wollen. Als die Fußballfans, darunter auch die Angreifer, sich anschickten, in einen anderen Zug am gegenüber liegenden Gleis zu gelangen, habe er die Polizisten darauf aufmerksam gemacht. Warum er und seine Begleiter später auf die Wache mitgenommen wurden, sei ihm nicht klar gewesen.

Nach umfangreicher Zeugenvernehmung sprach das Gericht den Angeklagten vom Vorwurf einer Widerstandshandlung gegen Beamte frei. Zu dem von den Polizeizeugen wiedergegebenen Eindruck, Christopher N. habe versucht, sich in den Pulk der BFC-Fans zu drängen, betonte die Vorsitzende Richterin: »Sich freiwillig als Schwarzafrikaner alleine unter BFC-Fans zu mischen – das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«

Aus Sicht der Opferperspektive, die den Angeklagten auch in dem noch anstehenden Verfahren gegen die Täter begleiten wird, haben die Beamten die Situation vor Ort falsch eingeschätzt. Aufgrund ihrer Aussagen drängt sich die Vermutung auf, dass rassistische Zuschreibungen gegenüber Afrikanern dabei eine wesentliche Rolle spielten. Ein angemessener Umgang mit Opfern rassistischer Gewalt wurde dadurch verhindert und ist von Beamten mit solchen Dispositionen auch kaum zu erwarten.

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