Das Schweigen brechen

Im Herbst sollen die Ergebnisse des Kooperationsprojekts der Opferperspektive und Nigdy Więcej (»Nie Wieder«), das von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung, Zukunft finanziert wird, in Warschau VertreterInnen von Nichtregierungsorganisationen beider Länder vorgestellt werden. Dr. Rafal Pankowski arbeitet an der Warschauer Universität Collegium Civitas und ist Chefredakteur der von Nigdy Więcej herausgegebenen gleichnamigen Zeitschrift.

Was ist der Anlass Ihres Projekts mit der Opferperspektive?

Das Ziel von Nigdy Nigdy Więcej ist es, das Schweigen über rechtsextreme Vorfälle zu brechen. In unserer Zeitschrift dokumentieren wir jedes Jahr Hunderte rechtsextremer Angriffe. Durch offizielle Statistiken lässt sich das Ausmaß der Hassverbrechen aber nicht belegen, weil politische Straftaten nicht systematisch erfasst werden. Das ist ein Grund dafür, dass Rechtsextremismus in der Öffentlichkeit und der Politik kaum eine Rolle spielt. Eine große gesellschaftliche Bewegung gegen Rassismus, die wir schaffen wollen, soll das ändern.

Wie gehen die polnischen Behörden mit Rechtsextremismus um?

Sie legen eine geradezu nachsichtige Haltung an den Tag. Das muss man so allgemein sagen, leider! Trotz der erheblichen Zahl von Überfällen und der Aufrufe zu Hass und Gewalt durch rechtsextreme Gruppen ist keine dieser Organisationen verboten worden. Dabei untersagt der Artikel 13 der Verfassung von 1997 solche rassistischen Aktivitäten. Ein anderes Beispiel: An jeder Ecke gibt es staatliche Zeitungskioske, in denen antisemitische Zeitschriften angeboten werden.

Erwarten Sie von der neu gewählten Regierung Verbesserungen?

Der Regierungswechsel im letzten Herbst war eine große Erleichterung und auch ein Sieg, weil seit 2006 stramm rechte Gruppierungen an der Regierung beteiligt waren. Das Wichtigste ist, dass ihnen der Zugriff auf die Staatsmacht entzogen wurde. Für die Zukunft hoffen wir auf Veränderungen, wir sehen aber auch die Gefahr, dass die Dimension des Problems weiter ignoriert wird.

Was versprechen Sie sich von der Zusammenarbeit?

Wir kennen die Opferperspektive schon seit Ende der 1990er Jahre. Wir glauben, dass wir von ihren Erfahrungen und denen ähnlicher Organisationen etwas lernen können. Meine Hoffnung ist, dass die erprobten Konzepte uns helfen, ein im polnischen Kontext wirksames System des Monitorings von Hassverbrechen und der Opferhilfe aufzubauen.

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