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Glossar: Wichtige Begriffe kurz erklärt

Von A wie »Adhäsionsverfahren« bis Z wie »Zwischenverfahren« werden rechtliche und medizinische Begriffe erläutert, mit denen Opfer und ZeugInnen rechter Gewalttaten konfrontiert werden können.

A | B | C | D | E | F | G | H | I | J | K | L | M | N | O | P | Q | R | S | T | U | V | W | X | Y | Z

A

 

Adhäsionsverfahren

Personen, die durch eine Straftat einen vermögensrechtlichen Schaden erlitten haben, können ihre zivilrechtlichen Ansprüche auf Schmerzensgeld oder Schadensersatz bereits im Strafverfahren gegen die Täter*innen geltend machen, wenn diese zum Tatzeitpunkt mindestens 18 Jahre alt waren. Die Verbindung zwischen Strafverfahren und Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche wird Adhäsionsverfahren genannt. Den Adhäsionsantrag stellt man bei dem mit der Strafsache befassten Gericht bis spätestens zum Beginn der Schlussvorträge in der Hauptverhandlung. Der Antrag muss den Gegenstand, den Grund und die Höhe des Anspruches bezeichnen und soll die Beweismittel enthalten. Vor einem solchen Antrag ist zumindest eine rechtsanwaltliche Beratung zu empfehlen. Wird durch das Strafgericht nicht über die Ansprüche entschieden, bleibt immer noch der Weg einer Zivilklage.

Akute Belastungsreaktion

Eine akute Belastungsreaktion ist eine mehrere Stunden oder Tage andauernde Reaktion auf eine extreme seelische und/oder körperliche Belastung (Trauma). Sie ist keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion auf ein ungewöhnliches Ereignis. Die Symptome sind bei jedem Menschen verschieden. Meist jedoch beginnt eine Belastungsreaktion mit einer Art »Betäubung«, Desorientiertheit, einer gewissen Bewusstseinseinengung, eingeschränkter Aufmerksamkeit und der Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten. Danach können Schlafstörungen, Unruhezustände, Depressionen, Angstzustände, Überaktivität, wiederkehrende belastende Erinnerungen oder Vermeidungsverhalten folgen.

 

B

 

Bedrohung

Eine Bedrohung liegt vor, wenn eine Person eine andere mit der Begehung eines gegen sie oder eine nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht (§ 241 Strafgesetzbuch). Ein Verbrechen ist eine rechtswidrige Handlung, die nach dem Gesetz mit einer Mindeststrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist.

Beleidigung

Eine Beleidigung ist jede Verletzung der persönlichen Ehre einer anderen Person. Strafbar nach § 185 Strafgesetzbuch ist die Kundgabe der Miss- oder Nichtachtung gegenüber den Beleidigten oder Dritten. Beleidigt werden kann auch eine Personengruppe. Voraussetzung für eine Strafverfolgung ist ein Strafantrag. Eine Nebenklage ist möglich.

 

Berufung

Die Berufung ist in Strafverfahren ein Rechtsmittel gegen Urteile des Amtsgerichtes. Alle Tat- und Rechtsfragen werden dann vor einem Landgericht in einer erneuten Hauptverhandlung noch einmal überprüft. Die Berufung muss innerhalb von sieben Tagen nach Verkündung des Urteils bei der ersten Instanz eingelegt werden. Eine Berufung löst weitere Kosten aus. Nebenkläger*innen können Berufung nur einlegen, wenn die Angeklagten nicht wegen einer zur Nebenklage berechtigten Gesetzesverletzung verurteilt worden sind.

 

Bewährung

Wenn ein Gericht im Urteil eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren aussprechen will, besteht die Möglichkeit diese zur Bewährung auszusetzen. Ein Bewährungsbeschluss kann mit Auflagen versehen werden; die Einhaltung wird kontrolliert. Wer wieder straffällig wird oder gegen Auflagen verstößt, muss dann in Haft.

BfJ-Antrag

Das Bundesamt für Justiz gewährt Betroffenen rechter Gewalt auf Antrag eine Entschädigung. Betroffene sind daher nicht darauf angewiesen, den Anspruch auf Schmerzensgeld mit einer eigenen Klage gegen die Täter*innen einzuklagen.

 

D

 

Dienstaufsichtsbeschwerde

Wenn eine im öffentlichen Dienst arbeitende Person ihre Dienstpflicht verletzt, kann eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht werden. Die Beschwerden richten sich an die Dienstvorgesetzten, die daraufhin ein internes Verfahren einleitet, in dem die Beschwerde geprüft wird. Sie ist form- und fristlos.

 

E

 

Entschädigung

Entschädigung ist in der Regel eine finanzielle Leistung, die zum Ausgleich erlittener Nachteile oder Einschränkungen gewährleistet wird. Wichtige Fälle für Betroffene von Straftaten sind Schadensersatz und Schmerzensgeld, Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz, aber auch die Entschädigung von Aufwendungen, die man als Zeug*in vor Gericht hatte. Betroffene rechter Gewalt können vom Bundesamt für Justiz eine billige Entschädigung erhalten.

 

Ermittlungsverfahren

Das Ermittlungsverfahren ist Ausgangspunkt jedes Strafverfahrens. Die Staatsanwaltschaft ist hauptverantwortlich. In der Praxis werden die Ermittlungen fast ausschließlich durch die Polizei geführt. Mit Abschluss des Ermittlungsverfahrens haben Beschuldigte durch Rechtsanwält*innen das Recht auf Akteneinsicht.

 

G

 

Gedächtnisprotokoll

Ein Gedächtnisprotokoll ist eine Erinnerungshilfe, die Betroffene und Zeug*innen nach einem Vorfall für ihren eigenen Gebrauch anfertigen können, um sich im Vorfeld von Vernehmungen relevante Details zu vergegenwärtigen.

 

J

 

Jugendstrafrecht

Das Jugendstrafrecht wird auf Angeklagte im Alter von 14 bis 18 Jahren angewendet. Im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht stehen die erzieherische Einwirkung und nicht die Bestrafung der Angeklagten im Vordergrund. Bei Heranwachsenden – das sind junge Menschen im Alter von 18 bis 21 Jahren – entscheidet das Gericht über die Anwendung des Jugendstrafrechts, je nachdem, wie es die »Reife« der Angeklagten einschätzt.

 

K

 

Körperverletzung

Eine Körperverletzung ist jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit einer Person in Form einer körperlichen Misshandlung oder einer Gesundheitsschädigung. Je nach Art der Handlung und Verletzung handelt es sich um eine »einfache«, eine gefährliche oder schwere Körperverletzung, mit unterschiedlicher Strafandrohung. Bei einer »einfachen« Körperverletzung kann eine Strafverfolgung von der Stellung eines Strafantrages abhängen.

 

N

 

Nebenklage

Für die Anklage von Straftaten vor Gericht ist die Staatsanwaltschaft zuständig. Betroffene der angeklagten Straftaten können sich unter bestimmten Voraussetzungen einem Strafverfahren als Nebenkläger*innen anschließen und sich auf diesem Weg aktiver am Gerichtsverfahren beteiligen.

 

Nötigung

Eine Nötigung liegt vor, wenn einem Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder einem »empfindlichen Übel« gedroht wird, um eine Handlung, die Unterlassung einer Handlung oder die Duldung einer Handlung Dritter zu erzwingen.

 

O

 

Opferentschädigungsgesetz (OEG)

Wer in Deutschland durch eine Gewalttat einen gesundheitlichen Schaden erlitten hat, kann nach dem Opferentschädigungsgesetz Versorgung erhalten. Dazu ist ein Antrag zu stellen und ein Formular zum Vorfall und den Folgen auszufüllen.

 

Opferzeug*in

Betroffene einer Straftat gelten als Zeug*innen und werden, wie nicht geschädigte Zeug*innen, durch die Polizei und vor Gericht zum Tatgeschehen vernommen. Betroffene haben in vielen Fällen die Möglichkeit, als Nebenkläger*innen der Anklage beizutreten und dadurch eine aktivere Rolle im Strafverfahren einzunehmen.

 

P

 

Plädoyer

Ein Plädoyer ist eine zusammenfassende Schlussrede in einem Gerichtsverfahren, mit der die Staatsanwaltschaft, die Verteidigung und die Nebenklage den Sachverhalt aus ihrer Sicht bewerten, bevor die Angeklagten das letzte Wort erhalten und das Gericht das Urteil fällt.

Posttraumatische Belastungsstörung

Eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine mögliche Spätfolge von extrem belastenden Ereignissen oder Situationen, die außergewöhnliche Bedrohungen darstellten und außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liegen. Einer PTBS geht ein traumatisches Ereignis voraus, das intensive Furcht, Entsetzen und Hilflosigkeit auslöst. Charakteristische Symptome sind das unwillkürliche Nacherleben von Aspekten der traumatisierenden Situation (Flashbacks), sowie Albträume, ein erhöhtes Erregungsniveau (Schlaf- und Konzentrationsstörungen, übermäßige Schreckhaftigkeit) und die Vermeidung von Handlungen und Situationen, die an das Trauma erinnern können. Es wird erst von einer PTBS gesprochen, wenn die Symptomatik länger als vier Wochen andauert. Halten die Symptome bis zu drei Monaten an, wird von einer akuten PTBS gesprochen; treten die Symptome länger auf, handelt es sich um eine chronische PTBS.

 

Prozesskostenhilfe

Prozesskostenhilfe ist eine Beihilfe, die in Gerichtsverfahren für Personen mit geringem Einkommen gewährt wird, um diesen die Wahrnehmung ihrer Rechte zu ermöglichen.

 

Psychotherapie

Eine Psychotherapie ist eine vereinbarte, auf Kommunikation basierende, methodisch gestaltete und zielgerichtete Beziehung zwischen einer Person (Patient*in) und Therapeut*in. Das Ziel der Psychotherapie ist in der Regel die Verminderung bzw. Heilung von psychischen Leiden. Es gibt zahlreiche unterschiedliche Formen und Methoden. Psychotherapien werden in der Regel von psychologischen Psychotherapeut*innen durchgeführt.

 

R

 

Residenzpflicht

Die Residenzpflicht gilt für Asylsuchende und geduldete Flüchtlinge. Sie bindet diese Menschen an den Landkreis, in dem sie gemeldet sind. Ein Verlassen des Landkreises ist nur mit einem bei der Ausländerbehörde zu beantragenden Urlaubsschein möglich. In Brandenburg dürfen sich Flüchtlinge und Gedultete seit Ende Juli 2010 im gesamten Land ohne Genehmigung bewegen.

 

Revision

Die Revision ist ein Rechtsmittel, das eingelegt werden kann, wenn ein Urteil Rechtsfehler enthält. Es gibt aber in der Revisionsinstanz – anders als in der Berufungsverhandlung – keine neue Beweisaufnahme. Das Revisionsgericht ist an die Feststellungen der vorherigen Instanz gebunden. Es prüft nur, ob diese rechtlich einwandfrei zustande gekommen sind und ob die erbrachten Beweise fehlerfrei gewürdigt wurden.

 

S

 

Sachbeschädigung

Unter Sachbeschädigung wird nach dem Gesetz die vorsätzliche Beschädigung oder Zerstörung einer fremden Sache verstanden. Die Geschädigten haben Anspruch auf Schadensersatz.

Schmerzensgeld

Das Schmerzensgeld ist eine Form des Schadensersatzes, durch die alle Unannehmlichkeiten und Unlustgefühle ausgeglichen werden sollen, die mit einer erlittenen Verletzung am Körper einhergehen und keinen Schaden am Vermögen darstellen.

 

Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft ist eine Behörde für Strafverfolgung und Strafvollstreckung. Sie ist bei allen Landgerichten und dem Bundesgerichtshof, dort unter der Leitung des Generalbundesanwaltes, eingerichtet. Der Staatsanwaltschaft obliegt die Leitung des Ermittlungsverfahrens, die Erhebung der Anklage beim Strafgericht, die Vertretung der Anklage und, nach einem Urteil, die Strafvollstreckung.

 

Strafantrag

Mittels eines Strafantrages bekundet eine verletzte Person ihr Verlangen, dass jemand wegen einer bestimmten Tat strafrechtlich verfolgt wird. Bei bestimmten Delikten (z.B Hausfriedensbruch und Beleidigung) muss ein Strafantrag gestellt worden sein, damit es zur Anklage kommen kann. Es empfiehlt sich, immer einen Strafantrag wegen »aller in Betracht kommenden Delikte« zu stellen. Am günstigsten wird der Antrag in Verbindung mit einer Anzeige schriftlich zu Protokoll gegeben. Es besteht eine Frist von 3 Monaten.

 

Strafanzeige

Die Strafanzeige ist die Mitteilung über einen Sachverhalt, der nach Meinung der anzeigenden Person Anlass für Strafverfolgung und Einleitung eines Ermittlungsverfahren gibt. Sie kann bei Polizei, Staatsanwaltschaft oder Gericht gemacht werden.

 

Strafverfahren

Als Strafverfahren bezeichnet man das Verfahren zur Ermittlung und Verurteilung von strafbaren Handlungen. Wesentliche Abschnitte sind das Ermittlungsverfahren, die Entscheidung über Einstellung oder Anklageerhebung und die Gerichtsverhandlung. Betroffene können sich unter bestimmten Voraussetzungen dem Verfahren als Nebenkläger*innen anschließen.

 

T

 

Täter-Opfer-Ausgleich (TOA)

Ein Täter-Opfer-Ausgleich ist eine Maßnahme mit dem Zweck der Wiedergutmachung von Folgen einer Straftat. Dazu werden neutrale, professionelle Vermittler*innen eingeschaltet. Die Initiative kann vom Gericht, der Staatsanwaltschaft, von Beschuldigten oder Verletzten ausgehen. Ohne Einverständnis des oder der Verletzten ist ein Täter-Opfer-Ausgleich nicht möglich. Die Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleiches kann sich für die Täter*innen strafmildernd auswirken oder ein Grund für eine Einstellung des Verfahrens sein.

 

Trauma

»Trauma« ist das griechische Wort für Verletzung oder Wunde. Ein psychisches Trauma ist die Verletzung der Seele, die einer körperlichen Wunde vergleichbar ist. Es tritt oft nach bedrohlichen oder erschütternden Ereignissen auf. Betroffene und Zeug*innen erleben Gefühle von Ohnmacht, Hilflosigkeit, Kontrollverlust und Verzweiflung. Charakteristische Folgesymptome können Schlafstörungen, Nervosität, Depressionen, Angstzustände, Erschöpfung, Reizbarkeit, Erinnerungslücken oder ständig wiederkehrende belastende Erinnerungen, Vermeidungsverhalten und Isolation sein. Die Ausprägungen sind bei jedem Menschen unterschiedlich. Halten die Symptome länger als vier Wochen an, kann eine Posttraumatischen Belastungsstörung vorliegen.

 

V

 

Verfassungswidrige Kennzeichen

Zahlreiche politische Organisationen sind verboten, weil sie Ziele verfolgen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung richten. Dies gilt auch für Symbole und Parolen, die für diese Organisationen kennzeichnend sind. Dazu zählen auch und insbesondere Zeichen und Parolen aus dem Nationalsozialismus.

 

Versorgungsamt

Die Versorgungsämter sind unter anderem für die Bearbeitung von Anträgen auf gesundheitliche und soziale Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz zuständig.

 

Volksverhetzung

Wer zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder die Menschenwürde anderer durch Beschimpfung oder Verleumdung bestimmter Teile der Bevölkerung angreift, macht sich der Volksverhetzung schuldig.

 

Z

 

Zeug*in

Zeug*innen sind Menschen, die über einen aufzuklärenden Sachverhalt Angaben machen können. Dazu werden sie von der Polizei im Ermittlungsverfahren und in der Verhandlung vor Gericht befragt. Zeug*innen sind zur Aussage verpflichtet und dürfen sie nur unter bestimmten Voraussetzungen verweigern; etwa wenn sie mit Beschuldigten bzw. Angeklagten verwandt sind oder sich selbst belasten könnten.

 

Zivilverfahren

Ansprüche im Bereich des Privatsrechts müssen in einem Zivilverfahren geltend gemacht werden. Dazu gehören die Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Sind die Ansprüche jedoch in Zusammenhang mit einer Straftat entstanden, sollten diese bereits im Strafverfahren mittels eines sogenannten Adhäsionsantrages gegen die Angeklagten geltend gemacht werden.

 

Zwischenverfahren

Als Zwischenverfahren wird der Abschnitt des Strafverfahrens bezeichnet, indem eine Anklage der Staatsanwaltschaft dem Gericht vorgelegt wird, diese vom Gericht geprüft wird und das Gericht über die Eröffnung des Hauptverfahrens beschließt.