Der Schock hört nicht auf

21 Monate nach dem Tod von Farid Guendoul verkündete die Dritte Große Strafkammer des Landgerichts Cottbus am 13. November 2000 ihr Urteil. In den 17 Monaten, die der Prozess gedauert hatte, waren die Umstände des Verbrechens, das zum Teil fragwürdige Verhalten der Polizei sowie das Verhalten der Opfer mitunter peinvoll erörtert worden. Die Angeklagten, die sich an der Hetzjagd direkt beteiligt hatten, wurden wegen fahrlässiger Tötung von Farid Guendoul und gefährlicher Körperverletzung von Khaled B. schuldig gesprochen. Drei Heranwachsende erhielten Haftstrafen von zwei Jahren, sechs wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt und zwei weitere Angeklagte lediglich verwarnt.

Das Verfahren sorgte bundesweit für Aufsehen. Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sprach mit Blick auf den Prozess davon, dass »der Rechtsstaat nicht mit rechtsextremistischen Taten fertig wird«. In die Kritik geraten waren im Laufe des Verfahrens vor allem die zeitweise über 22 Verteidiger, unter ihnen auch rechtsextreme Anwälte wie das NPD-Mitglied Wolfram Nahrath. Die Verteidigung hatte unter anderem mit rund 45 Befangenheitsanträgen das Verfahren in die Länge gezogen. Fast alle Anwälte behaupteten vor Gericht, ihre Mandanten seinen keine »rechte Schläger«: Man dürfe sich von ihrem Äußeren nicht täuschen lassen, so die Verteidiger, obwohl einige der Angeklagten ihre Schädel kahl rasiert hatten und Springerstiefel trugen – selbst im Gericht.

Alle Angeklagten tragen Schuld

Auf die Revisionen der Nebenkläger und einiger Angeklagter änderte der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofes am 9. Oktober 2002 unter Vorsitz der heutigen Generalbundesanwältin Monika Harms die Schuldsprüche der Hauptangeklagten auf versuchte Körperverletzung mit Todesfolge. Der Haupttäter Alexander Bode erhielt eine Jugendstrafe von zwei Jahren. Auch stellte das Gericht fest, dass alle aktiv an der Verfolgung beteiligten Angeklagten das gleiche Maß an Verantwortung trügen. Das Strafmaß wurde nicht geändert.

Die Brüder von Farid Guendoul zeigten sich nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs bedrückt und enttäuscht. Malik und Kamel Guendoul berichteten, dass die Eltern der Familie seit dem Tod des Sohnes wie gelähmt seien. »Der Schock hört nicht auf«, sagte Malik Guendoul leise.

Martin Beck

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