Widersprüchliches Kategoriensystem des Innenministeriums verfälscht Bild über politisch motivierte Kriminalität


Potsdam, 03.03.2023

Am 21. Februar 2023 verbreiteten sich Medienberichte über einen Zuwachs von rassistischen Straftaten im Land Brandenburg. Den Erkenntnissen der Opferperspektive e.V. zufolge treffen diese Zahlen jedoch nicht zu. Vielmehr ist diese Beschreibung das Resultat von Veränderungen im bundesweiten PMK-Erfassungssystem (Politisch motivierte Kriminalität) und einer Fehlinterpretation der so erhobenen Daten. Auf Druck konservativer und rechter Kräfte wurde im Jahr 2019 die Kategorie „Deutschfeindlichkeit“ als Unterkategorie im Themenfeld „Hasskriminalität“ eingeführt, was eine Verzerrung der Daten zu rechten und rassistisch motivierten Straftaten zur Folge hat.

Das neue Themenfeld „Deutschfeindlichkeit“ existiert nun neben dem Themenfeld „Fremdenfeindlichkeit“, das Taten erfasst, die „aufgrund der zugeschriebenen oder tatsächliche Nationalität oder ethnischen Zugehörigkeit“ des Opfers begangen werden. Auf dieser Grundlage werden in der polizeilichen Anwendung der Kategorie „Fremdenfeindlichkeit“ nun auch Taten zugeordnet, die von nicht-deutschen Tätern begangen werden. Das führt in der Praxis dazu, dass auch Straftaten gegen Deutsche als „fremdenfeindlich“ gewertet werden. Da eine Tat auch mehreren Unterthemenfeldern zugeordnet werden kann, kommt es vor, dass Taten gleichzeitig als „deutschfeindlich“ und „fremdenfeindlich“ eingestuft werden. Hinzu kommt, dass im öffentlichen Diskurs Rassismus und Fremdenfeindlichkeit oft synonym verwendet werden. In den nunmehr von der Polizei Brandenburg gemeldeten Zahlen werden auf dieser Grundlage offenbar politisch rechts und rassistisch motivierte Taten mit nicht politisch motivierten Taten durch Straftäter nichtdeutscher Herkunft vermischt.

Aufgrund des mangelhaften Kategoriensystems bilden polizeiliche Statistiken die reale Dimension rassistischer Gewalt immer weniger ab. Das ist gefährlich und droht Rassist:innen in die Hände zu spielen: „Das Bundesinnenministerium hat eine Bewertungspraxis von Rassismus eingeführt, die weder mit einem wissenschaftlichem Verständnis noch mit dem gesellschaftlichen Allgemeinverständnis des Begriffs etwas zu tun hat. Die Kategorien ‘fremdenfeindlich’ und ‘deutschfeindlich’ sind Ausdruck eines fehlenden Verständnisses für die Ursachen und Wirkungsweisen von Rassismus.” so Judith Porath, Geschäftsführerin der Opferperspektive e.V.

Medienberichten vom 21. Februar 2023 zufolge gab es im Jahr 2022 einen Zuwachs von rassistischen Straftaten im Land Brandenburg von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Laut Antwort der Landesregierung auf eine Landtagsanfrage handelt es sich um 298 Delikte im Vergleich zu 208 im Jahr 2021. Rassistische Körperverletzungen seien sogar um das Dreifache gestiegen – 44 Fälle im Vergleich zu 15 im Jahr 2021.

Ansprechperson für Nachfragen:
Hannes Püschel – 0151 50768549
h.pueschel@opferperspektive.de
Zuständiger Berater bei Opferperspektive e.V., Potsdam

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