Vier Todesopfer antisemitisch motivierter Gewalt in Senzig (Königs Wusterhausen)


Pressemitteilung

Die Morde von Senzig vom 4. Dezember 2021 werden von der Polizei als antisemitisch motivierte Tat eingestuft. Damit ist es das politisch motivierte Tötungsdelikt mit der höchsten Opferzahl in der Geschichte des Bundeslandes Brandenburg.

In der Antwort des Bundesministeriums des Inneren auf eine Anfrage der Abgeordneten Petra Pau (Die Linke) heißt es: “Laut derzeitigem Kenntnisstand war der Tatverdächtige davon überzeugt, dass der Staat mit der Impfkampagne einen bösen Plan verfolge und die Weltbevölkerung um die Hälfte reduzieren und eine neue Weltordnung unter jüdischer Führung gründen wolle.” Neben antisemitischen Verschwörungsmythen soll sich der Täter in seinem Abschiedsbrief zudem rassistisch geäußert haben.

“Wir sind zutiefst erschüttert über vier weitere Todesopfer rechter Gewalt. Diese Tat zeigt erneut auf eindringliche Weise, welche enorme Gefahr von antisemitischen Verschwörungserzählungen innerhalb der Coronaleugner:innen-Bewegung ausgeht”, sagt Judith Porath, Geschäftsführerin der Opferperspektive – Beratungsstelle für Betroffene von rechter Gewalt.

 

Die Opferperspektive e.V. fordert eine gründliche Aufklärung der Tathintergründe

Dass die Tat durch die Ermittlungsbehörden offiziell als antisemitisch motiviert gewertet wird, ist ein wichtiger Schritt. Allerdings darf die Ermittlungsarbeit an diesem Punkt nicht aufhören.”Da kein Gerichtsverfahren stattfinden kann, brauchen wir eine öffentliche und lückenlose Aufklärung, wie es zu dieser furchtbaren Tat kommen konnte. Dazu zählen auch die politischen Motive”, so Porath weiter. Beantwortet werden muss, welche konkreten Umstände zu der Tat geführt haben und inwiefern coronaleugnende sowie rechte Netzwerke an der Radikalisierung des Täters beteiligt waren. Zudem ist genauestens zu prüfen, inwiefern Personen aus dem Umfeld des Täters etwas über dessen Tatvorhaben wussten und welchen Ursprung die Tatwaffe hatte.

 

Antisemitismus als zentrales Element der Coronaleugner:innen-Bewegungen darf nicht verharmlost werden

In Brandenburg wie auch in anderen Bundesländern hat sich rund um die Mobilisierung gegen die Infektionsschutzmaßnahmen ein verschwörungsgläubiges Milieu formiert. In großen Teilen wird dieses von Rechtsradikalen, Neonazis und Reichsbürger:innen getragen. Inzwischen bestimmen in immer mehr Brandenburger Orten Angehörige dieses Milieus das politische Klima und gefährden damit den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Sie bedrohen Menschen, die sich um die Umsetzung von Corona-Schutzmaßnahmen bemühen und schrecken auch vor physischen Angriffen nicht zurück. Die Tat von Senzig zeigt eindringlich die Gefahr, die von den antisemitischen und rassistischen Vorstellungswelten von Impfgegner:innen und Pandemieleugner:innen ausgeht.

Die politische Aufklärung dieser Tat und ein transparenter Umgang der Ermittlungsbehörden mit ihren Erkenntnissen sind deshalb für die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Bewegung von zentraler Bedeutung.

Diese Auseinandersetzung mit den Morden und den politischen Entwicklungen, die zu ihnen führten, sind jedoch keine Aufgabe, die die Ermittlungsbehörden allein erfüllen können. Vielmehr sind die politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure im Land Brandenburg gefordert, alles dafür zu tun, dass sich die mörderische Ideologie, die den Taten zu Grunde lag, nicht weiter verbreitet und sich ein solches Verbrechen nicht wiederholt.


Die Pressemitteilung der Opferperspektive e.V. vom 9. Dezember 2021 mit der Forderung nach einer umfänglichen Prüfung eines politischen Tatmotivs.


Kontakt bei Nachfragen

Hannes Püschel
h.pueschel@opferperspektive.de
0151-50768549

Judith Porath
j.porath@opferperspektive.de
0151-59100082

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