Die Beratungsstellen Opferperspektive und BORG (Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch-Oderland) des Horte Strausberg verurteilen den brutalen Angriff auf die Kundgebung „Bad Freienwalde ist bunt” am gestrigen Sonntag und üben Kritik an dem unzureichenden Schutz der Veranstaltung durch die Polizei.
Am gestrigen Sonntag griffen kurz vor Beginn der Veranstaltung „Bad Freienwalde ist bunt“ 12 vermummte und bewaffnete Neonazis die Teilnehmenden der Kundgebung an. Mindestens vier Personen wurden dabei verletzt, sowie Gegenstände von Infoständen geraubt.
Der Angriff erfolgte gezielt, da sich „Bad Freienwalde ist bunt” für eine offene, solidarische Gesellschaft einsetzt und migrantischen, queeren und antifaschistischen Stimmen eine Bühne bietet.
„Dass vollvermummte und bewaffnete Neonazis ein solches Familienfest angreifen, zeigt die Menschenverachtung und Gefährlichkeit der örtlichen rechten Strukturen“, so Tom Kurz von der BORG. „Diese gezielte und geplante Gewalttat ist ein erschreckender neuer Höhepunkt der rechtsextremen Organisierung in Bad Freienwalde”, so Kurz.
„Solche Gewalttaten haben als Ziel, zivilgesellschaftliche Gruppen und Initiativen dazu zu bringen, ihre Arbeit einzustellen”, so Julian Muckel von der Opferperspektive e.V. „Dass die Veranstalter:innen sich durch den Angriff nicht haben einschüchtern lassen und die Kundgebung dennoch durchgeführt haben, ist ein starkes Zeichen für ein vielfältiges und weltoffenes Brandenburg.“
Starke Zunahme von rechten Angriffen auf politische Gegner:innen in ganz Brandenburg
Bereits in den Vorjahren kam es am Rande der Kundgebung „Bad Freienwalde ist bunt“ zu rechten und rassistischen Störungen. So filmten Neonazis die Teilnehmenden der Veranstaltung und versuchten, sie einzuschüchtern. Im April 2024 bedrohten Rechte eine Demonstration des Freienwalder Bündnisses und beschmierten die Demonstrationsroute mit neonazistischen Drohungen. Auch im Februar dieses Jahres versuchten Neonazis, eine Tanz-Aktion des Bündnisses zu stören, verteilten rechtsextreme Flyer und bedrohten Teilnehmende.
Waren es anfangs noch alte Neonazis aus der Region und rechte Akteure aus der Stadtgesellschaft, gingen die Bedrohungen zuletzt maßgeblich von neuen neonazistischen Strukturen aus.
„Seit letztem Jahr registrieren wir vermehrt Angriffe auf demokratische Veranstaltungen und subkulturelle Orte. Dazu gehören Bedrohungen und Angriffe im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen wie in Bad Freienwalde oder auf zahlreiche CSD-Veranstaltungen, aber auch Brandanschläge, wie sie im Oktober 2024 auf das Kulturhaus “Kultberg” im sübrandenburgischen Altdöbern oder im Mai 2025 in Cottbus auf das Hausprojekt “Zelle79” verübt wurden“, so Julian Muckel von der Opferperspektive.
Kritik an Fehleinschätzung der Gefährdungslage
Offensichtlich bewertete die Polizei das Risiko einer Gefährdung der Veranstaltung als gering. Dem widerspricht Kurz: „Die Vorfälle der letzten Jahre zeigen die Zuspitzung der Situation vor Ort. Nicht nur hier, sondern im gesamten Landkreis sehen wir eine Radikalisierung und verstärkte Gewaltbereitschaft rechtsextremer Jugendlicher.”
Der Angriff auf die Veranstaltung erfolgte während des Aufbaus der Veranstaltung. Durch die Fehleinschätzung der Polizei waren währenddessen keine entsprechenden Polizeikräfte vor Ort. Nur durch die schnelle Reaktion von anwesenden Antifaschist:innen konnte der Angriff abgewehrt und weitere Verletzte verhindert werden.
Beide Beratungsstellen fordern, die wachsende Gefahr durch extrem rechte (Jugend-)Gruppen sehr ernst zu nehmen und (potentiell) Betroffene besser zu schützen. Hierfür braucht es eindeutige Botschaften und Handlungsschritte aus der Politik, indem etwa zivilgesellschaftliche Strukturen, die sich gegen Rechts engagieren, nachhaltig und dauerhaft in ihrem Engagement gefördert werden.
Pressekontakt der ehrenamtlichen Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt Märkisch Oderland (BORG):
Tom Kurz; 015157793215
ag-borg@horte-srb.de
Pressekontakt Opferperspektive e.V
Julian Muckel; 0151 59100086
j.muckel@opferperspektive.de
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