Ein Jahr nach dem Tod von Vitali N.: Keine Aufklärung, keine Gerechtigkeit – Angehörige fordern Antworten


Pressemitteilung, 11. April 2024

Infolge einer gewaltsamen Ingewahrsamnahme durch die Polizei vor genau einem Jahr, am 11. April 2023, in Niederlehme (Dahme-Spreewald) verstarb Vitali N. am darauf folgenden Tag im Krankenhaus in Berlin-Neukölln. Bis heute sind die Ermittlungen zu diesem Tötungsdelikt noch immer ergebnislos. Die Angehörigen von Vitali N., darunter auch sein minderjähriger Sohn, treten nun an die Öffentlichkeit und fordern die Behörden dazu auf, den Fall lückenlos aufzuklären.

Vertrauen in die Arbeit von Ermittlungsbehörden massiv erschüttert

Vitali N.’s Vater und Geschwister sind fassungslos darüber, dass bislang die Ermittlungsbehörden weder Kontakt aufgenommen noch Transparenz über den Verlauf der Ermittlungen geschaffen haben. Sie fragen sich: “Wie kann es sein, dass ein Jahr nach Vitalis Tod weder die Polizei noch eine andere Behörde sich für das Geschehene entschuldigt haben?” Bei den Angehörigen erhärtet sich der Eindruck, dass Unterstützung und Anteilnahme durch staatliche Behörden ausblieb, da „es ein Bürger der Republik Moldau mit bulgarischem Pass war.“ Weiter ist ihre Sorge, dass dadurch auch kein gesondertes Interesse an Aufklärung besteht.

Die Forderungen der Familie sind klar: “Wir verlangen, dass die Staatsanwaltschaft die an Vitalis Tod beteiligten Personen, also die Polizisten und ihre Helfer, bestraft, und erwarten sowohl eine Entschuldigung als auch materielle Entschädigung.”

Julian Muckel, Berater der Angehörigen von der Opferperspektive, sagt: „Das Vertrauen der Familie in die Arbeit der Ermittlungsbehörden ist massiv erschüttert, da diese bislang eher den Eindruck erwecken, das Verfahren aussitzen zu wollen, anstatt ernsthaft zu ermitteln.“

Ein Jahr nach dem Tod wenden sich die Angehörigen an die Öffentlichkeit

Durch mediale Berichterstattung wurde bekannt, dass die polizeiliche Darstellung des Geschehens den Ergebnissen medizinischer Untersuchungen widerspricht. Einen Monat nach Vitali N.s Tod wurden Ermittlungen wegen eines Tötungsdelikts aufgenommen – und das erst nachdem der Rechtsanwalt der Angehörigen, Dr. Falko Drescher, eine Strafanzeige eingereicht hatte.

Die Familie ist durch den Verlust und die fehlende Aufklärung schwer belastet. Vitalis Vater leidet seit der Todesnachricht unter Herzproblemen und auch die Schwester und der Bruder berichten von andauerndem massivem Stress.

Julian Muckel betont: “Wir unterstützen weiterhin die Angehörigen in ihrem Wunsch nach Gerechtigkeit und einer lückenlosen Aufklärung. Heute, ein Jahr nach den Geschehnissen, sind unsere Gedanken und unser Mitgefühl bei den Angehörigen, besonders bei seinem minderjährigen Sohn, seinem Bruder, seiner Schwester, seinem Vater und seiner Ex-Frau.”

Stand der Ermittlungen
• Im Mai 2023 erstattet der Rechtsanwalt der Angehörigen Strafanzeige. Einen Monat später wird das Ermittlungsverfahren eröffnet.
• Im Juli 2023 belegt ein Gutachten, dass der Tod von Vitali N. durch Sauerstoffmangel verursacht wurde. Bis heute hat die Staatsanwaltschaft keine der beteiligten Polizeibeamten vernommen. Die Beamten befinden sich weiterhin im Dienst.
• Im August 2023 reicht der Rechtsanwalt der Familie eine Fachaufsichtsbeschwerde ein und fordert die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg auf, den Fall aufgrund zahlreicher schwerwiegender Ungereimtheiten und Ermittlungsfehler seitens der Polizei und der Staatsanwaltschaft Cottbus zu übernehmen. Die Generalstaatsanwaltschaft lehnt eine Übernahme des Verfahrens ab.
• Im Dezember 2023 bittet Rechtsanwalt Dr. Drescher um eine Stellungnahme bezüglich des ergänzenden rechtsmedizinischen Gutachtens, das einige Monate zuvor von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegeben wurde, um zu klären, ob das Ersticken auf äußere Gewalteinwirkung zurückzuführen ist. Bislang hat Dr. Drescher keine Reaktion auf dieses Schreiben erhalten.

Ansprechperson für Nachfragen:
Julian Muckel – 0151 59100086
j.muckel@opferperspektive.de
Zuständiger Berater bei Opferperspektive e.V., Potsdam

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