Schwere Vorwürfe gegen Polizei nach rechtsextremem Anschlag auf eine Cottbuser Kultureinrichtung und deren BesucherInnen

Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt e.V.
Parzellenstraße 79
03046 Cottbus
Die Polizei muß sich fragen lassen, wie es geschehen kann, dass sich eine Gruppe von mindestens 30 vermutlich bewaffneten Rechtsextremen unbehelligt durch die Stadt bewegen kann. Sollten Aussagen von Augenzeugen zutreffen, ist diese Gruppe zudem bereits vorher bei einer öffentlichen Veranstaltung in Erscheinung getreten. Außerdem muß davon ausgegangen werden, dass die Polizei aufgrund einer Großveranstaltung in jener Nacht im Stadtzentrum verstärkt präsent war.
Betroffene berichten, dass es bis zu einer halben Stunde gedauert habe, bis die Polizei am Tatort eintraf.

Offensichtlich wurde der direkte Angriff auf das »Glad-House« nicht von der Polizei gestoppt, sondern von den BesucherInnen des Hauses, von denen eine große Zahl verletzt wurde, denen es aber gelang, die rechtsextremen Angreifer abzudrängen. Diesen BesucherInnen ist es zu danken, dass der Schaden durch den Angriff nicht noch wesentlich schwerer ist.
Nach dem Angriff hat die Polizei trotz der bekannten Details erhebliche Schwierigkeiten, die Tat einzuordnen.

So bezeichnete Polizeisprecher Peter Boenki die rechtsextremen Täter in einer ungeheuerlichen Verharmlosung als Gruppe, die im »Glad-House« »Einlaß begehrt« hätte (Lausitz-TV, 8.10.01). – Boenki war bereits Anfang August in die Kritik geraten, nachdem er von der Berliner Morgenpost (2.8.01) mit Äußerungen zitiert wurde, die die Vermutung nahe legten, er könnte Sympathien für Rechtsextreme hegen.

Darüber hinaus äußerte Boenki vor laufender Kamera, dass die Polizei, da noch keine Anzeigen von Betroffenen vorlägen, von Amts wegen ermitteln müsse, was die Hintergründe der Tat sind. Offensichtlich hat Boenki Schwierigkeiten, Aufgaben der Polizei korrekt wiederzugeben: Die Polizei muß allein schon aufgrund der begangenen Straftaten von Amts wegen ermitteln und es ist dabei natürlich in jedem Fall ihre Aufgabe, Motive zu klären.
Es ist anzunehmen, dass der Polizeisprecher mit dem Verweis auf noch nicht gestellte Anzeigen die Behauptung stützen will, es habe sich bei dem rechtsextremen Angriff um eine Schlägerei zwischen rivalisierenden Gruppen gehandelt, die »die Sache unter sich klären« wollten.
Außer Acht bleibt dabei, dass in Cottbus seit Jahren gerade bei Opfern rechtsextremer Überfälle ein großes Mißtrauen gegenüber der Polizei aufgrund ihres Vorgehens besteht.

Zuletzt haben Anfang August 2001 völlig überzogene polizeiliche Maßnahmen gegen Unschuldige im Zusammenhang mit den sogenannten »Chaostagen« für einen bleibenden Eindruck vor allem bei nicht-rechten Jugendlichen gesorgt. Viele von ihnen haben selbst die Verharmlosung rechtsextremer Angriffe und die Ergebnislosigkeit von Ermittlungen erfahren. Wenn nun die Opfer als potenzielle Täter diffamiert werden, ist das Ausbleiben von Anzeigen nur verständlich.

Die Anlaufstelle für Opfer rechtsextremer Gewalt fordert von der Polizei, den rechtsextremen Anschlag vom 7.10. nicht weiter zu verharmlosen. Wenn die Polizei wirkliche Erfolge im Kampf gegen rechtsextreme Gewalttaten erzielen will, muß sie auch die Probleme in der Institution selbst angehen. Wenn Polizeibeamte Defizite in politischer Bildung und im Umgang mit Opfern rechtsextremer Angriffe haben, müssen sie in diesen Bereichen intensiv geschult werden. Darüber hinaus sind dem Polizeipräsidium Cottbus noch vor seiner Auflösung personelle Veränderungen – gerade im Bereich seiner Öffentlichkeitsarbeit – anzuraten.

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