Nach der Wahl

Erstmals nach zehn Jahren zog in Potsdam wieder eine Partei rechts von der CDU in den Landtag ein. Bei extrem niedriger Wahlbeteiligung erzielte die AfD 12,2 Prozent. Anders als in Sachsen, wo sie in Konkurrenz zur NPD antrat, schlug sie in Brandenburg moderate Töne an und bemühte sich um das Image einer unideologischen Sachverstandspartei. Im Wahlprogramm vermied man rechten Sprachgebrauch und hält es bisher auch im Landtag so – bis auf den Fraktionsvorsitzenden Gauland, der in der Mehrzahl der Flüchtlinge „Sozialschmarotzer“ ausmachte. Gleichwohl haben sieben der zehn AfD-Landtagsabgeordneten eine rechte bzw. extrem rechte Vergangenheit. Andreas Kalbitz z.B. veröffentlichte früher im Organ des von NSDAP- und SSMitgliedern gegründeten Witiko-Bundes („Gesinnungsgemeinschaft der Sudetendeutschen“) und ähnlichen Blättern und schrieb für die Junge Freiheit; sein Parteikollege Steffen Königer schrieb noch im Jahr 2011 für die Junge Freiheit. Jan- Ullrich Weiß wurde nach offen antisemitischen Äußerungen auf seiner Facebook- Seite aus der Partei ausgeschlossen. Für den Kreistag von Potsdam-Mittelmark kandidierte Arpad von Nahodyl, der als Geza von Nemenyi das Oberhaupt der Germanischen Glaubensgemeinschaft (GGG) ist, die sich auf den völkischen Esoteriker Fahrenkrog bezieht.

Schneller abschieben

Im Wahlkampf verknüpfte die Partei Asyl- und Migrationspolitik mit den Themen Innere Sicherheit und Kriminalitätsentwicklung. Sie versuchte ausdrücklich, an positive DDR-Erinnerungen von Ruhe und Ordnung anzuknüpfen, und forderte gleichzeitig mehr Bürgerbeteiligung vor allem bei der Eröffnung von Flüchtlingsunterkünften. Auf lokaler Ebene wurde vorrangig das Thema Asyl zur Mobilisierung eingesetzt: die geplanten zusätzlichen Erstaufnahmeeinrichtungen brauche man nicht, wenn schneller abgeschoben würde usw… Die Rhetorik hat dabei demagogische Züge. Wenn zum Beispiel gefordert wird, die ungeregelte Einwanderung zu stoppen, wird unterstellt, es gäbe keine Zuzugskontrollen, und so Ängste geschürt und Abwehrhaltungen gefördert. Es ist davon auszugehen, dass die AfD die Diskussion um Asyl und Einwanderung weiter in diese Richtung vorantreiben und Stimmung gegen Flüchtlinge machen wird.

AfD profitiert von Radikalisierung

Die Schlagwörter „Asylmißbrauch“, „Einwanderung in die Sozialsysteme“ und „Ausländerkriminalität“ verbinden AfD AktivistInnen mit dem mehr oder weniger bürgerlichen (Facebook-)Stammtisch und mit Neonazis. Die rassistische Aufladung von Fragen der Kriminalitätsbekämpfung ist im Grenzgebiet zu Polen besonders erfolgreich und wirkt – verbunden mit haarsträubenden Gerüchten über Asylsuchende- radikalisierend. In Frankfurt (Oder) erschien im August in der Lokalzeitung ein Artikel, indem über „Schwarze“ berichtet wurde, die angeblich in einem Park Drogen verkaufen. Es folgte die breite mediale Heraufbeschwörung einer Bedrohung durch „Ausländerkriminalität“, die ihren Widerhall u.a. in Aufrufen zur Bewaffnung auf Webseiten wie „Brandenburg wehrt sich“ und „Blaulichtreport Frankfurt/ Oder“ fanden. Schnell gründete sich eine Facebook-Gruppe „Bürgerwehr Frankfurt/Oder“. Der Stadtverband der AfD versuchte die aufgeheizte Stimmung für sich zu nutzen und bot sich als parlamentarischer Vollstrecker der Forderung nach Vertreibung von Ausländern an.

Verhältnis zu NPD und CDU

Das Verhältnis zur NPD ist in der Partei umstritten. Während sich die Bundespartei strikt um Abgrenzung bemüht und sich gegen Unterwanderungsversuche wehrt, stimmten AfD-Kreistagsabgeordnete im Landkreis Dahme-Spreewald mit der NPD für schnellere Abschiebungen. Da es der AfD bisher weitgehend gelungen ist, ein bürgerliches Image zu wahren, werden so die Positionen der NPD aufgewertet und normalisiert. Die CDU scheint ihr Verhältnis zur AfD noch in der Praxis klären zu müssen. Es gibt aber bereits deutliche Signale für eine mögliche zukünftige Zusammenarbeit. Aus der Jungen Union erhielten die Newcomer eilfertig Zustimmung zu ihren asylpolitischen Positionen, während der Fraktionsvorsitzende Kritik an ihnen übte.

Ausblick

Im Landtag gibt es nicht nur die AfD als neuen Faktor, sondern auch den neuen Innenminister Karl-Heinz Schröter, der von Kritikern als Sarrazin der Brandenburger SPD bezeichnet wird und in der eigenen Partei als asylpolitischer Hardliner umstritten ist. Es ist zu befürchten, dass in dem Maß, wie restriktive asylpolitische Positionen parteiübergreifend zunehmen und von einem angstschürenden Sicherheitsdiskurs flankiert werden, auch der Rassismus und die rechte Gewalt weiter zunehmen werden. Den Medien kommt hierbei die große Verantwortung zu, sachlich zu berichten, statt von „Flüchtlingsfluten“zu schreiben und Bilder wie „das Boot ist voll“ heraufzubeschwören.

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