Deutliche Signale sind notwendig

Eine gesellschaftliche Debatte über Rassismus in Deutschland sei überfällig, so der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland. »Worte der Anteilnahme« und eine »Geste der Regierung für die Hinterbliebenen« fordert Kenan Kolat nach der nun bekannt gewordenen Mordserie von Neonazis, die eine Dimension des Rechtsterrorismus in Deutschland markiert.Aus unserer Arbeit wissen wir, wie wichtig Anteilnahme und gesellschaftliche Zeichen der Solidarität für Betroffene, Angehörige und Hinterbliebene sind. Solche Signale und klare Worte der politischen Verantwortlichen sind jetzt nach den jahrelang unter falschen Vorzeichen geführten Ermittlungen überfällig. Die andauernde Geringschätzung der Opfer muss ein Ende haben.

Die rassistischen Morde an neun Migranten zeigen ebenso wie der Nagelbombenanschlag von Köln die tödliche Dimension von Rechtsextremismus und Rassismus. Sie sind die Zuspitzung dessen, mit dem Menschen, denen von Neonazis und Rassisten das Lebensrecht abgesprochen wird, andauernd und seit Langem konfrontiert sind.

Auch in Brandenburg existiert ein rechtes Milieu, das Gewalt verherrlicht. Wenn Neonazis bei ihren Aufmärschen Parolen wie »9mm für linkes Gezeter« brüllen, wolle sie ein allgemeines Klima der Einschüchterung und Angst erzeugen. Doch es bleibt nicht bei Parolen. Immer wieder werden Menschen, die nicht ins Weltbild von Neonazis und Rassisten passen, gedemütigt, geschlagen und getreten.

Der Hass und die brutale Gewalt von Neonazis treffen Jugendliche, die sich dem Dominanzstreben rechter Cliquen entziehen, genauso wie Flüchtlinge und Migranten oder Bürgerinnen und Bürger, die sich neonazistischen Bestrebungen in ihrem Ort entgegenstellen. Viele leben in ständiger Angst und fühlen sich in ihrem Alltag terrorisiert.

Seit 1990 starben 27 Menschen durch die Gewalt von Neonazis in Brandenburg, zuletzt im 2008 Bernd Köhler in Templin. Das aktuelle Beispiel aus Thüringen zeigt erneut: Der Übergang von alltäglicher Neonazigewalt zu organisierten Formen, die die gezielte Tötung von Menschen zum Ziel hat, ist fließend.

Diese Erkenntnis ist nicht neu: Schon 2001 warnte der brandenburgische Verfassungsschutz davor, dass junge Rechte »in den Terrorismus abgleiten« könnten. Damals hatte die neonazistische Gruppe »Nationale Bewegung« einen Brandanschlag auf die Trauerhalle des Jüdischen Friedhof in Potsdam verübt. Mit dem Ziel, »Ausländer« aus der Region zu vertreiben, brannten Neonazis des »Freikorps Havelland« in den Jahren 2003 und 2004 zehn Imbissbuden nieder. Einige der Täter wurden dafür als Mitglieder einer terroristischen Vereinigung zu Jugendstrafen verurteilt.

Informationen Martin Beck
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Quelle:OPP

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