130 Bilder – 130 Schicksale

Dieter Manzke
Dieter Manzke

Der Obdachlose Dieter Manzke, 61 Jahre alt, war am 9. August 2001 von fünf Männern in einem verlassenen Bungalow in Dahlewitz erschlagen worden, da sich die Täter von ihm »gestört fühlten«.

Günter Marx, 42 Jahre alt, starb am 6. August 1994 in Velten. Eine Gruppe Rechter wollte ihn ausrauben, zerrte ihn vom Fahrrad, trat ihn, doch er hatte kein Geld bei sich und wurde mit einem schweren Schraubenschlüssel erschlagen.

130 Kurzporträts sind in der Ausstellung »Opfer rechter Gewalt« im Bürgerhaus Dahlewitz zu sehen, die meisten – wie zum Hohn – mit einer bunten, fröhlichen Postkarte aus der Heimatstadt ergänzt. »Für jede der 130 Fahnen hier im Saal und im Foyer steht ein Menschenleben. Alle wurden zwischen 1990 und 2004 ermordet. Es wird eine harte Ausstellung für euch«, begrüßt gestern Dagi Knellessen die Neuntklässler aus dem Kopernikus-Gymnasium Blankenfelde. Sie macht die Schüler im Auftrag des Vereins Opferperspektive mit der bundesweiten Exposition bekannt, die nach Lübbenau nun in Dahlewitz und danach in Thüringen zu sehen wird.

Dann stehen die Schüler vor den Bildern, lesen die Kurzbiografien und sind ziemlich erschüttert. Von dem einen oder anderen Fall hatten sie schon gehört, erinnern sich noch an die Schlagzeilen. Doch die Umstände, durch die sie zu Tode kamen, berühren. Dagi Knellessen lässt die Mädchen und Jungen mit ihren Gefühlen nicht alleine. »Unser interaktives Konzept zielt darauf hin, dass die jungen Leute darüber reden, sich austauschen. Sie sollen von ihren Erfahrungen berichten, über ihre Eindrücke, sich austauschen und überlegen: Was können sie in bestimmten Situationen tun, wie reagieren?«, erklärt sie. Es fehle an praktischen Handlungskonzepten.

Darüber diskutiert dann die Schülerrunde ausführlich, nachdem die Gymnasiasten Fragebögen zur Ausstellung ausgefüllt haben. Natürlich kann die Referentin kein Rezept anbieten. »Ich versuche darzustellen, was für Ideologien dahinter stehen, weil die Plattheiten der Parolen von den Rechten ihre Ziele verschleiern«, so Dagi Knellessen. Meinungen wie »Ach, die wollen sich nur wichtig tun« hält sie für gefährlich und weiß von »Deutscher Volksgemeinschaft« und der Akzeptanz von »minderwertigen Leben« und vom alltäglichen Rassismus zu berichten.

Als die Gymnasiasten wieder aufs Fahrrad steigen, sind sie nachdenklich. »Das Thema war nicht neu, aber es gab eine Menge an Hintergrundinformationen«, sagen sie. »Solche persönlichen Schicksale in geballter Form, das war schon grausam und krass«, meinen Kira und Henriette.

Ein Rezept, wie man sich gegen rechte Gewalt wehren kann, hat Dagi nicht. »Es geht darum, den Mut zu haben und gemeinsam aus der schweigenden Masse herauszutreten«, sagt sie.

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