Biedermänner und Brandstifter

Die BNO wurde am 1. Februar 2004 gegründet, nachdem der NPD-Landesvorsitzende Mario Schulz mit seinen Gefolgsleuten die Partei verlassen hatte, weil sie ihm zu ausländerfreundlich war. Das Programm der BNO entspricht, teilweise wortgetreu, dem Statut der NSDAP. Aktiv ist die Organisation vor allem im Nordwesten Brandenburgs, wo sie mit zwei Abgeordneten im Prignitzer Kreistag vertreten ist. In Wittstock, wo die BNO einen Stadtverordneten stellt, veranstaltete sie in diesem Jahr zwei Demonstrationen; zuletzt marschierten am 14. August etwa 200 RechtsextremistInnen durch den Ort, um den Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess zu ehren.

Zu dieser Tradition bekennt sich auch der MHS, der einen »nationalen Sozialismus« anstrebt. Die seit Januar 2002 im Nordosten Brandenburgs aktive, unter dem Vorsitz des ehemaligen NPD-Mannes Gordon Reinholz straff organisierte Truppe hat etwa 40 Mitglieder. Der MHS versteht sich als Verbund rechtsextremer Kameradschaften, die laut Verfassungsschutz in mindestens 13 Brandenburger Kommunen bestehen. In enger Zusammenarbeit mit Berliner Neonazis bietet ihnen der MHS Propagandamaterial und Schulungen an; die Themen reichen von IT-Sicherheit bis SS-Ideologie.

Auf das Konto von MHS- und BNO-Mitgliedern gehen schwere rechtsextreme Gewalttaten. Bei MHS-Kadern fand die Polizei Gewehre und Bomben-Baupläne sowie Karteien über politische Gegner. Um diese einzuschüchtern, publizieren Brandenburger und Berliner Neonazis auch Feindlisten. Zuletzt veröffentlichten Potsdamer Neonazis eine Internetseite, die unter der Abbildung eines Revolvers Fotos und Anschriften enthielt, unter anderem von einer Mitarbeiterin der Opferperspektive.

In den Kommunen geben sich MHS und BNO indes als sozial engagierte Bürgerbewegungen. Mit Vorliebe greifen sie Themen der Linken auf. So beteiligte sich der MHS an den Demonstrationen gegen den Irakkrieg mit Flugblättern gegen den »amerikanischen Holocaust«. In einigen Orten wurden sie von den VeranstalterInnen weggeschickt. In Neuruppin hingegen mussten sich linke Jugendliche den Vorwurf der Intoleranz anhören, weil sie nicht mit dem MHS demonstrieren wollten. In Fürstenwalde ließ ein SPD-Politiker, Mitglied der Plattform gegen Rechts, den NPD-Chef Udo Voigt eine Rede halten. An diese Erfolge knüpften die Neonazis bei den Montagsdemonstrationen an, in die sie sich mit dem unauffälligen Slogan »Nein zur Agenda 2010« einreihten. All dies ist nicht ungeschickt. Es wird noch gefährlicher, wenn Rechtsextreme versuchen, sich auf lokaler Ebene als erfolgreiche Macher zu profilieren: immer ein offenes Ohr für die Sorgen der Leute und die Interessen der Region im Blick.

Wo sich eine öffentliche demokratische Kultur entwickelt hat, können RechtsextremistInnen zwar provozieren, sich aber kaum etablieren. Doch in vielen Kommunen herrscht bei den demokratisch gesinnten BürgerInnen und Autoritäten genau jene Mischung aus Teilnahmslosigkeit und Verunsicherung vor, die für Rechtsextreme das ideale Umfeld bildet: Wenn sie nicht geächtet werden, können sie jene ansprechen, die sich nicht mit Neonazis einlassen würden, aber für holzschnittartige Parolen gegen »Asylanten« und »die da oben« empfänglich sind – und das sind nicht wenige.

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