R.W. – Ein »Unbelehrbarer«

R.W. wurde im Jahre 1986 geboren. Er wuchs ohne Geschwister und – obwohl sich seine Mutter, als R.W. zwei Jahre alt war, von seinem leiblichen Vater trennte – in einer stabilen Familie auf, insbesondere deshalb, weil ihn der neue Lebenspartner der Mutter wie einen eigenen Sohn angenommen hatte und sich beide um ihn gesorgt und gekümmert haben. Nach dem Besuch von Vorschuleinrichtungen wurde R.W. altersgerecht in Rheinsberg eingeschult und erreichte zunächst durchschnittliche Leistungen. Die 6. Klasse musste er aufgrund von Leistungsdefiziten wiederholen. Nach dem Wechsel in die Gesamtschule in Rheinsberg musste er dann auch die 8. Klasse wiederholen und verließ im Jahre 2002 die Schule mit dem Abgangszeugnis der 7. Klasse.

Im Anschluss absolvierte er eine berufsvorbereitende Maßnahme. Kurz vor deren erfolgreichem Abschluss trat R.W. erstmals – im Alter von 17 Jahren – strafrechtlich in Erscheinung: Zusammen mit einem erwachsenen Mittäter hatte er am 11. August 2003 versucht, den Dönerstand des Inhabers Mehmet Çimendag in der Paulshorster Straße in Rheinsberg in Brand zu setzen. Glücklicherweise misslang das Vorhaben, weil der Unterboden des Dönerwagens aus Metall bestand und die von den beiden unter den Wagen gelegte brennende Mülltüte deshalb nicht geeignet war, den Stand in Brand zu setzen. Wegen dieser Tat, die er begangen hatte, weil er ebenso wie sein Mittäter, so wörtlich, »gegen Türken« sei, von denen nach seiner Auffassung »hier zu viele« lebten, wurde er vorläufig festgenommen. Am darauf folgenden Tag, dem 15. August 2003, wurde gegen ihn im vereinfachten Jugendverfahren ein Dauerarrest von vier Wochen verhängt.

Um seine Lehre zum Tischler, die er nach Rechtskraft dieses Urteils am 17. November 2003 im Dezember 2003 aufnahm, nicht zu gefährden, wurde ihm auf Intervention seiner Mutter und deren Lebensgefährten zugebilligt, den gegen ihn verhängten Arrest etappenweise während seiner Urlaubszeiten zu verbüßen. Noch bevor er seine erste Etappe des Arrestes im April 2004 angetreten hatte, wurde er erneut straffällig. Im Verlaufe eines Trinkgelages schlug er einem ihn anpöbelnden Mittrinker eine Flasche derart brutal auf den Kopf, dass dieser eine Woche stationär behandelt werden musste. Wegen dieser Tat wurde er am 17. Dezember 2004 zu einer Jugendstrafe von sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Nur etwas über einen Monat nach dieser Verurteilung beging R.W. am 28. Januar 2005 eine weitere – rechtsextrem motivierte – Gewalttat. Auf dem Neuruppiner Schulplatz trafen er und zwei weitere, der rechten Szene zuzuordnende Täter auf eine Gruppe von Jugendlichen, die sie der linken Szene zuordneten. Sie entschlossen sich, diese zu provozieren, um schließlich einen Anlass zu finden, mit Gewalt gegen sie vorgehen zu können. Sie drängten diesen deshalb eine politische Diskussion über »rechte« Parteien auf und forderten Erklärungen dafür, warum diese Jugendlichen PDS und nicht DVU wählten. Wie beabsichtigt, eskalierte die zunächst verbal geführte Auseinandersetzung und sie nahmen in der weiteren Folge vermeintlich ge-gen sie gerichtete Beleidigungen zum Anlass, zu zweit gewaltsam gegen die »Linken« vorzugehen; unter anderem traten sie zu zweit wahllos auf ein am Boden liegendes Opfer ein, wobei einer der Täter mit Stahlkappen versehene Springerstiefel trug.

Der gegen R.W. noch am Tattag beantragte Haftbefehl wurde zwar erlassen, jedoch außer Vollzug gesetzt – unter anderem mit der Auflage, R.W. müsse seine Lehre weiterführen sowie ein Mal wöchentlich wegen seines Alkoholproblems, das bei seinen Gewalttaten immer wieder mitursächlich zu Tage getreten war, die Suchtberatung aufsuchen. Im Februar 2005 unterzog er sich dann einer dreiwöchigen stationären Alkoholentziehungskur, die aber nicht von Erfolg gekrönt war. Bereits im darauf folgenden Monat gab er sich wieder verstärkt dem Alkohol hin, brach den Kontakt zu seiner Bewährungshelferin ab und erschien nicht mehr in seiner Ausbildungsstelle, so dass ihm diese gekündigt wurde. Wegen seiner Verstöße gegen die Auflagen im ausgesetzten Haftbefehl wurde dieser wieder in Vollzug gesetzt.

R.W. wurde dann Anfang April festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Die Hauptverhandlung wegen der zuletzt genannten Tat und zweier weiterer Straftaten aus dem Jahre 2004, unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, fand am 21. Juni 2005 vor dem Amtsgericht – einem Jugendschöffengericht – in Neuruppin statt. R.W. wurde unter Einbeziehung der Vorverurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Bis Anfang April dieses Jahres befand er sich im Jugendstrafvollzug. Am 4. April wurde er nach Teilverbüßung dieser Strafe aus dem Jugendstrafvollzug entlassen. Die Vollstreckung der Reststrafe wurde ihm für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt.

Kaum 14 Tage nach seiner Entlassung beging er erneut Körperverletzungsdelikte, wobei diese in zwei Fällen auf persönliche Auseinandersetzungen, in einem Fall jedenfalls aber erneut auf seine »rechte« Motivation zurückzuführen waren. So schlug er am 19. April in Rheinsberg zusammen mit einem weiteren, der rechten Szene zuzurechnenden Mittäter auf einen Jugendlichen ein, weil ihnen dessen äußeres Erscheinungsbild – insbesondere dessen lange Haare – nicht zusagten. Zudem forderten sie den Geschädigten mehrfach und nachdrücklich auf, sich hinzulegen und »in den Bordstein zu beißen«. Noch am Tag der letztgenannten Tat wurde er festgenommen und ein Haftbefehl wurde beantragt, der am 20. April antragsgemäß erlassen wurde. Seitdem befindet sich R.W. wiederum in Untersuchungshaft. Am Dienstag dieser Woche wurde er wegen dieser Tat sowie zweier weiterer Körperverletzungen unter Einbeziehung der Vorverurteilung zu einer Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verurteilt.

Nach bisherigen Erkenntnissen zur Person von R.W. ist höchst fraglich, ob der Jugendstrafvollzug ihn »erzieherisch« zu rechtstreuem Verhalten bewegen kann, zumal er nach wie vor – auch aus der Haft heraus – Kontakte in rechte Kreise aufrecht erhält.

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