Angstzone Spremberg

Die Kleinstadt im Süden Brandenburgs bleibt ein Beratungsschwerpunkt der Opferperspektive, denn nach wie vor schränkt die rechte Szene die Bewegungsfreiheit
von Jugendlichen durch Angriffe und Bedrohungen nachhaltig ein. Wer nicht zu den rechten Cliquen gehört, die Haare bunt trägt oder bekannt ist für eine linke Einstellung, meidet gewisse Orte in der Stadt, um nicht Gefahr zu laufen, zusammengeschlagen zu werden. Das Bowlingcenter in der Innenstadt gehört ebenso dazu wie der Busbahnhof und der Marktplatz. Hier hat die rechte Szene den öffentlichen Raum besetzt. Aber auch wenn sie woanders in der Stadt unterwegs sind, werden alternative Jugendliche von Neonazis beleidigt, geschlagen oder mit Autos verfolgt. Die Betroffenen wissen sich nicht anders als mit Ausweichbewegungen und Vermeidungsstrategien zu helfen. Die Innenstadt wird umgangen und Schleichwege durch Spremberg gesucht. Manche haben nach Angriffen ihre Punkfrisuren aufgegeben, um nicht schon von weitem für die Rechten erkennbar zu sein. Eltern potenziell Betroffener haben Angst, dass ihre Kinder nicht unbeschadet zur Schule oder abends nach Hause kommen. In Spremberg existiert ein über Jahre gewachsenes Milieu von Neonazis. Nach der Verunsicherung durch das Verbot der »Spreelichter« im vergangenen Jahr treten die Rechten wieder mit großem Selbstbewusstsein auf. Sie scheinen sich durch ihr Umfeld bestätigt und durch die meist langwierige und in der Vergangenheit häufig erfolglose Strafverfolgung ermutigt zu fühlen. Die von der rechten Gewalt Betroffenen dagegen fühlen sich allein gelassen. Zwar unterschrieben im Laufe des vergangenen Jahres fast 4000 EinwohnerInnen einen Aufruf des Bürgermeisters gegen rechte Angriffe auf Parteibüros und die Zeitungsredaktion, eine ausdrückliche Solidarisierung mit den Jugendlichen, die die Hauptbetroffenen der Gewalt sind, blieb aber bis heute aus. Die Jugendlichen kritisieren, die alltäglichen Bedrohungen und Attacken gegen sie würden in der Stadt beschwiegen. Stattdessen gibt es hitzige Diskussionen über Antifa-Graffitis, die ihnen angelastet werden und die Stadt verschandeln würden. Statt als Opfer rechter Gewalt, die es zu schützen gilt, sehen sie sich als Störfaktor behandelt. Offensichtlich ist in den Debatten, die in der Stadt geführt werden, das Verhältnis zwischen Ordnung und Gewalt völlig aus dem Lot. Im Aufruf des Bürgermeisters bekennt sich die Stadt zu Weltoffenheit. Dazu gehört eine vielfältige Jugendkultur, die außerdem der beste Schutz gegen die Ausbreitung rechter Dominanz ist.
Opferperspektive e.V.

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