Kinder und Jugendliche als Betroffene von rechter Gewalt und ihre hohe Vulnerabilität


Foto: gegenfeuer – büro für gestaltung

Seit einigen Jahren ist Rassismus das häufigste Tatmotiv bei rechter Gewalt. Erschreckend häufig sind Kinder und Jugendliche davon betroffen, eine besonders vulnerable und schutzbedürftige Altersgruppe: 2020 hatte jede dritte von rechten Attacken betroffene Person das 17. Lebensjahr noch nicht vollendet. Dabei erleben nicht nur Kinder und Jugendliche rassistische Gewalt, die erst in den letzten Jahren nach Brandenburg gekommen sind und durch Kriegs- und Fluchterfahrungen, Trennungen und Verluste ohnehin schon psychisch stark belastet sind. Die Gewalt trifft auch deutsche Kinder ─ vor allem wenn ihnen die Täter aufgrund des Erscheinungsbilds, der Religion oder der Migrationsgeschichte ihrer Familie, eine nicht-deutsche Herkunft zuschreiben. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, wenn nicht angemessen auf die erlebte Gewalt reagiert wird und es keine Hilfe gibt. Betroffene fühlen sich allein gelassen, wenn niemand interveniert, seien es Umstehende, Schulpersonal oder Polizei. Die Folgen reichen von Rückzug, Aggressionen, Entwicklung von Ängsten bis hin zu psychischen Erkrankungen. Häufig erleben Eltern, dass ihre Kinder ein geringes Selbstwertgefühl entwickeln oder die Leistung in der Schule abfällt. In jedem einzelnen Fall gilt: Gewalt- und Ausgrenzungserfahrungen schränken die Entfaltungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen ein und gefährden ihren weiteren Bildungsweg.

Die Beratung von Kindern und Jugendlichen stellt die Mitarbeiter:innen der Opferperspektive regelmäßig vor große Herausforderungen: Eltern müssen in jeden Beratungsschritt einbezogen werden und haben manchmal andere Interessen als ihre Kinder. In der Beratung machen sich Eltern häufig Vorwürfe, ihre Kinder nicht schützen zu können. Fangen sie an, ihre Kinder überallhin zu begleiten, empfinden dies die Kinder nicht selten als einschränkend, beispielsweise wenn sie nicht mehr unbeschwert auf dem Spielplatz spielen können. Im Extremfall bemühen sich die Eltern um einen Schulwechsel, manchmal entscheiden sie sogar umzuziehen, was wiederum weitreichende Konsequenzen für das Familiensystem haben kann.

Unsere Berater:innen versuchen stets, die Interessen des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen. Zu oft machen Betroffene die Erfahrung, dass Rassismus nicht ernst genommen oder ihnen gar selbst die Schuld an ihren Problemen gegeben wird. Für die Beratung bedeutet dies, nicht nur die Betroffenen zu stärken, sondern auch behutsam mit ihrem Umfeld zu arbeiten: Z.B. indem wir den Kontakt zu Erzieher:innen, Lehrer:innen oder Trainer:innen aufnehmen, um sie für Rassismus zu sensibilisieren. Möglichst ohne, dass das betroffene Kind gegen seinen Willen in den Fokus gerückt wird. Für die Stärkung der Kinder wollen wir weiterhin einen Beitrag leisten.


Dies ist ein Auszug aus der aktuellen Ausgabe der Schattenberichte. Mehr zum Thema Kinder und Jugendliche als Betroffene von rechter Gewalt und weitere Updates aus unserer Arbeit finden Sie hier zur Nachlese.

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