Rassistische Gewalt oder Randale?

Jamel H. ist Inhaber eines Steakhauses in der nordbrandenburgischen Kleinstadt Pritzwalk. Am Abend des 24. August 2007 war er mit dem Koch dabei, das Lokal abzuschließen, als die beiden aus einer Gruppe heraus angepöbelt wurden. Der Tunesier verstand den Wortlaut der Tiraden nicht, bis auf: »Was wollt ihr hier?« Jamel H. schloss wieder auf, er wollte schnell zurück ins Restaurant. In diesem Augenblick stürmte eine größere Gruppe heran. Ein Schirmständer wurde durch die Scheibe geschleudert, Betonplatten, Steine, Sonnenschirme folgten. Der Wirt wurde von umherfliegenden Glassplittern getroffen, während er hinter dem Tresen die Polizei rief. Dem Koch gelang es, die Tür vor den Angreifern zu verriegeln. Als diese sich an der Tür zu schaffen machten und klar war, dass sie bald eindringen würden, flohen die beiden Männer durch einen Hinterausgang.

In dem Prozess vor dem Amtsgericht Perleberg mussten sich vier Rechte verantworten. Durch polizeiliche Vernehmungen waren die Hintergründe weitgehend bekannt: Die Angeklagten hatten auf einer Party Neonazi-Musik gehört, anschließend waren insgesamt acht Personen durch die Innenstadt gezogen. Einer der Täter trug ein Fan-T-Shirt der Band »Deutsch Stolz Treu«, die in ihren Liedern unter anderem dazu aufruft, Juden aufzuhängen. Andere hatten Kleidung der rechten Marke Thor Steinar an.

Vor Gericht wollten die Angeklagten ihre Angaben nicht wiederholen. Stattdessen behaupteten sie nun, ihnen sei nicht bekannt gewesen, dassdas Restaurant einem Ausländer gehöre. Nur einer sagte aus, er habe die Gruppe verlassen, weil er wusste, dass es bei dem Lokal des Tunesiers Probleme geben werde. Er wurde daraufhin freigesprochen. Der Haupttäter erhielt eine Bewährungsstrafe wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung sowie 80 Sozialstunden, zwei Angeklagte wurden zu Geldstrafen verurteilt.

Anders als die Nebenklagevertretung und die Staatsanwaltschaft erkannte das Gericht keine rassistischen Ziele oder Beweggründe. Zwar sei die rechte Einstellung der Täter belegt, nicht aber, ob sie während der Tat entsprechende Parolen gerufen hätten, so das Argument des Gerichts. Den Vorwurf der versuchten Körperverletzung ließ das Gericht fallen. Der Wirt wurde zwar verletzt. Ob die Täter ihn aber gesehen hatten, bevor sie die Betonplatten und Steine in den Innenraum des Restaurants schleuderten, sei unklar. Der angeklagte Hausfriedensbruch wurde gar nicht erst näher untersucht.

Jamel H. ist enttäuscht darüber, dass die rassistische Tatmotivation nicht bestätigt wurde. Die Angeklagten wurden wegen einer gewöhnlichen Sachbeschädigung verurteilt. Die Kosten seiner Anwältin muss der Wirt selbst tragen, denn eine Nebenklage ist bei dieser weniger schweren Straftat nicht zulässig. Auch ist eine Entschädigung als Opfer eines rechtsextremistischen Angriffs durch das Bundesamt für Justiz bei Sachbeschädigungen nicht vorgesehen.

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