2023: Alarmierender Anstieg rechter Gewalttaten in Brandenburg


Rechte, rassistische und antisemitische Angriffe in Brandenburg – 2022 in Zahlen
Rechte Mobilisierung führt zu vermehrten Attacken auf politische Gegner:innen

Pressemitteilung zur Jahresstatistik 2023

Potsdam, 18.03.2024 – Die Opferperspektive verzeichnet für 2023 einen massiven Anstieg rechter Gewalttaten in Brandenburg: 242 rechtsmotivierte Angriffe im Vergleich zu 138 Fällen im Vorjahr. Die Zunahme erstreckt sich über fast alle Phänomenbereiche und Tatbestände und markiert das höchste Niveau rechter Gewalt seit 2016.

Besonders alarmierend ist der sprunghafte Anstieg bei gefährlichen Körperverletzungen (2023: 60; 2022: 39), was einer Zunahme um 54 Prozent entspricht. Auch einfache Körperverletzungen (2023: 74; 2022: 66) und Bedrohungen und Nötigungen (2023: 98; 2022: 24) haben zugenommen. Der starke Anstieg von Nötigungs- und Bedrohungsdelikten lässt sich nur teilweise durch eine veränderte Erfassungspraxis der Opferperspektive erklären, die an die Kriterien für Körperverletzungsdelikte angeglichen wurde (ausführlichere Erläuterungen zur neuen Erfassungspraxis finden Sie hier). Rassismus war das 14. Jahr in Folge das häufigste Tatmotiv mit 146 registrierten Fällen (2022: 91).

Die Gefahr, in Brandenburg durch Rechte und Rassist:innen drangsaliert und angegriffen zu werden, hat sich für potentiell Betroffene im vergangenen Jahr erheblich verschärft. Rechte Positionen stoßen auf immer größere Resonanz im Land und marginalisierte Gruppen sowie politische Gegner:innen werden durch gezielte rechte Mobilisierung online wie offline zunehmend an den Rand gedrängt, angefeindet und angegriffen. Das zeigt sich etwa am Anstieg LGBTIQ+-feindlicher (2023: 10, 2022: 4) und sozialdarwinistischer Gewalttaten (2023: 6, 2022: 1). Die Anzahl der Übergriffe auf politische Gegner:innen hat sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt (2023: 38; 2022: 15).

„Egal wo in Brandenburg sich Menschen gegen rechts engagieren, müssen sie mit Bedrohungen und Übergriffen rechnen. Es erfordert daher inzwischen viel Mut, sich öffentlich gegen rechte Bestrebungen zu positionieren. Umso mehr verdienen die zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen gegen rechts, die aktuell im gesamten Bundesland und insbesondere in kleineren Orten stattfinden, unsere Anerkennung“, so Judith Porath, Geschäftsführerin der Opferperspektive.

In so gut wie allen Landkreisen verzeichnet die Opferperspektive gestiegene Angriffszahlen. Die meisten Angriffe und stärksten Zunahmen gab es in Dahme-Spreewald (2023: 24; 2022: 7), Oberhavel (2023: 25, 2022: 7) und der Uckermark (2023: 21, 2022: 8). Lediglich in Brandenburg an der Havel ist die Zahl der bekannt gewordenen Angriffe zurückgegangen (2023: 1, 2022: 10).

„Die nahezu flächendeckende Zunahme rechter Gewalttaten in fast allen Kreisen und Regionen des Landes legt nahe, dass sich Rassist:innen durch die aktuell verbreitete Zustimmung zu rechten Positionen im Land darin bestärkt sehen, ihre Überzeugungen mit Gewalt durch- und umzusetzen“, so Anne Brügmann, Leiterin der Gewaltopferberatung.

Über ein Drittel aller Betroffener waren Kinder und Jugendliche

Äußerst Besorgniserregend ist der gravierende Anstieg von Angriffen auf Kinder und Jugendliche: 2023 waren 133 Kinder und Jugendliche von rechtsmotivierten Angriffen direkt betroffen (2022: 63). 15 Gewalttaten ereigneten sich in Bildungseinrichtungen, 11 davon waren Körperverletzungsdelikte.

„Die Vielzahl an Meldungen zu rassistischer Gewalt an Schulen, insbesondere die massiven Übergriffe eines Lehrer gegen ihm anvertraute Schüler an einer Schule in Cottbus im Herbst, sind Zeichen einer zunehmenden Dynamik der Enthemmung. Der völlig unzureichende Umgang der Schulen und Schulbehörden in diesen Fällen macht deutlich, dass sie damit überfordert sind, Betroffene rechter Gewalt zu unterstützen und zu schützen sowie angemessen auf rechte Gewaltvorfälle zu reagieren”, erklärt Joschka Fröschner, Berater und Monitoring-Beauftragter der Opferperspektive.


Im Hintergrundpapier zur Jahresstatistik 2023 finden Sie ausführliche Analysen sowie die grafische Aufbereitung der Statistik. Die Grafiken sind unter Nennung der Quelle (Peer Neumann/Opferperspektive) frei verwendbar.

 

 

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